Die Thematik einer sich stetig entwickelnden Handelsverbindung nach China über den Landweg beschäftigt die Logistik und im speziellen auch uns seit einiger Zeit. Daher wollen wir im folgenden Artikel unsere Gedanken teilen und die daraus entstehenden Potenziale für logistisches Wachstum in Deutschland aufzeigen.
Was ist die "Neue Seidenstraße" überhaupt?
Die sogenannte "Neue Seidenstraße" ist ein interkontinentales Infrastrukturnetz das sich über Asien, Europa und teile Afrikas erstreckt. Dahinter steckt das gigantische Vorhaben, angestoßen von der chinesischen Regierung, ein neues Handelsnetzwerk aufzubauen. In mehr als 900 individuellen Projekten in ca. 65 Ländern sollen neue Handelswege geschaffen und bestehende Strukturen ausgebaut werden. Um dies zu realisieren werden unter anderem neue Häfen, Straßen und Bahnstrecken gebaut. Das Ziel der "One Belt, One Road"- Initiative ist den Handel zwischen Asien, Europa und Afrika massiv anzukurbeln. Zum einen soll dies über eine durchgehende Bahntrasse zwischen China und Deutschland, zum anderen über eine maritime Handelsverbindung gelingen. Im folgenden legen wir unseren Fokus auf den Landweg.
Die Idee eines Handelsnetzwerkes zwischen Asien und Europa ist dabei keineswegs eine neue. Als Vorbild gilt die vor ca. 2000 Jahren entstandene Seidenstraße, auf der Kamelkarawanen Güter wie teure Gewürze, Gold, sowie die namensgebende Seide zwischen Asien und Europa transportierten und Handel ermöglichten. Mit dem aufkommen des Handels über die Seefahrt schlief die legendäre Handelsroute ein.
Potenziale der "neuen Seidenstraße"
Anfang der 2010er Jahre begann die Idee einer Handelsroute nach dem Vorbild der historischen Seidenstraße wieder aufzukommen. Der Automobilhersteller BMW transportiert beispielsweise seit 2011 Fahrzeugteile auf dem Landweg per Güterzug nach China. Für europäische, speziell auch für deutsche Unternehmen, bietet der Transport per Bahn eine lohnenswerte Alternative zum langsamen Schiffs-, und des teuren Flugverkehrs nach China. Ein Containerschiff benötigt für den Seeweg von China nach Duisburg ca. 40 Tage - der Zug benötigt hierfür lediglich 12 Tage. Darüber hinaus entfallen bei Transporten per Güterzug einige Gefahrenquellen für Warenverlust wie beispielsweise Piraterie und starke Unwetter. Doch nicht nur zeitlich rücken die deutschen Unternehmen näher an die chinesische Wirtschaft heran. Eine bessere infrastrukturelle Anbindung zwischen China und Deutschland kann zusätzlich als Treiber für einen engeren Austausch zwischen den beiden Wirtschaftsmärkten dienen und neue Handelspartnerschaften zwischen deutsche und chinesischen Unternehmen unterstützen. Der chinesische Markt stellt für die meisten Branchen den wichtigsten und zukunftsträchtigsten Absatzmarkt dar. Für die Logistik in Deutschland bedeutet eine Intensivierung der Handelsverbindungen nach China, neue Möglichkeiten durch ein Ansteigen des zu transportierenden Gütervolumens.
Der Ausbau des kontinentalen Schienennetzes begünstigt den Verkehrsträger Schiene. Bislang unterscheiden sich die Spurweiten innerhalb Europas. Im Zuge des Ausbaus der "neuen Seidenstraße" werden diese unterschiedlichen Spurweiten auf eine gemeinsame reduziert werden. Aufwendige Umspur- und Umladungsprozesse werden entfallen. Möglicherweise ist, durch diese Maßnahmen an der Infrastruktur des Schienennetzes in Europa, dem anhaltenden Trend der stetigen Verlagerung der Waren- und Güterströme auf die Straße entgegenzuwirken.
Die Bahnstrecke der "neuen Seidenstraße" endet in Duisburg. Der dort ansässige Binnenhafen ist der größte in Europa und liegt inmitten der Wirtschaftsregion Ruhrgebiet. Aufgrund seiner zentralen Lage stellt Duisburg den optimalen Zielort der Eisenbahntrasse dar. Unser Lila Standort in Herne liegt ca. 30 km entfernt von Duisburg. An unserem Standort in Herne betreiben wir auf einer überdachten Lagerfläche von ca. 18.000 m² ein Multi-Customer Warehouse. Eine Besonderheit des Standortes ist der überdachte Gleisanschluss. Der Gleisanschluss ermöglicht es die Ware direkt in der Halle entweder zu lagern oder per Cross-Docking Verfahren auf den Verkehrsträger Straße umzuladen. Aus diesem Grund ergeben sich für uns im Ruhrgebiet im Zuge der guten Anbindung an die "neue Seidenstraße" Potenziale, um sowohl mit deutschen Unternehmen, deren Absatzmarkt in China liegt, als auch mit chinesischen Unternehmen in den Dialog zu treten. Hierfür waren wir am 14./15. Oktober erstmals auf der 6. Deutsch-Chinesischen Wirtschaftskonferenz vertreten.
Neben unserem Standort in Herne verfügt auch unser Standort in Gliwice/ Polen die Möglichkeit über einen eigenen Gleisanschluss mit einem Güterzug angefahren zu werden. Außerdem verfügen wir in Gliwice über eine Anbindung an die Binnenschifffahrt der Oder. Gliwice liegt in der Wirtschaftsregion Schlesien und stellt einen wichtigen Knotenpunkt für eine Vielzahl von Supply Chains in Polen dar. Auf einer Gesamtfläche von 58.000 m² betreiben wir ein Multi-Customer Warehouse, und sind dank der Anbindung an das Schienennetz und der Binnenschifffahrt an die "neue Seidenstraße" angebunden.
Zum Abschluss komme ich auf die im Titel gestellte Fragestellung zurück, ob die "neue Seidenstraße" als Triebfeder für logistisches Wachstum fungieren kann. Aufgrund der genannten Vorteile die durch die "neue Seidenstraße" zum Tragen kommen, ist aus meiner Sicht diese Frage mit JA zu beantworten. Der Eisenbahnverkehr zwischen Deutschland und China besetzt eine Marktnische für solche Produkte, die schneller als mit dem Schiff und billiger als per Luftfracht transportiert werden sollen. Gerade für solche Produkte lassen sich somit die Supply Chain optimieren und die Logistikkosten senken. Schreitet der Ausbau und die Entwicklung der "neuen Seidenstraße" weiter voran wie bisher, wird sie als Triebfeder für logistisches Wachstum in Deutschland fungieren!